Sally auf dem Weg
nach Wales

Sally in Folkestone


Freunde der Seefahrt,

das erste Mal in meinem Leben war ich auf dem offenen Meer. Aber was soll ich sagen: Außer einem leichten Schaukeln habe ich nichts davon mitbekommen.
Wir sind mit dem Wohnmobil von Calais nach Dover übergesetzt und mich haben sie unter Deck im Wohnmobil gelassen. Hunde dürfen nämlich nicht in die Passagierräume. Das fängt ja schon gut an!

Und dann gab es bei der Einreise ganz großes Theater. Die Tierärztin in Deutschland hatte in meinem Hundeausweis die in England zwingend vorgeschriebene Entwurmungskur versehentlich in die Rubrik für Zeckenmittel eingetragen. Da war aber was los!
Es mussten Erklärungen abgegeben, Formulare ausgefüllt und unterzeichnet werden, es wurde telefoniert, vermutlich mit Whitehall und dem Gesundheitsministerium und schließlich wurde uns doch gnädig die Einreise gewährt.

Herrchen hatte gemeint, sie wollten es nach der Ankunft ruhig angehen lassen und wir sind nicht direkt weiter nach Wales durchgestartet, sondern haben erst einmal einen Platz auf einem Campingplatz in Folkestone gebucht. Der Campingplatz liegt sehr schön, ist aber nur durch einen ganz engen gewundenen Weg zu erreichen.

Als wir ankamen, dann die Überraschung: Wir hatten das kleinste Wohnmobil auf dem ganzen Platz! Da waren lauter richtig dicke Schiffe und Herrchen hat gesagt, er hat Hochachtung vor den Fahrkünsten der englischen Wohnmobil-Besitzer.
Und Frauchen sagte, das auch noch bei Linksverkehr. Da sagte Herrchen, den Quatsch sind sie dort doch gewöhnt und außerdem, wenn ein 3 m breites Wohnmobil auf einer 2 m breiten Straße fährt, dann kommt es auf den Linksverkehr auch schon nicht mehr an.

Direkt neben uns stand dann so ein Riesenteil und Herrchen und Frauchen haben spekuliert, wie es da drinnen wohl aussehen mag. Herrchen sagte, ganz einfach: Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Bad, Arbeitszimmer, Kinderzimmer, Garage. Und wahrscheinlich ist das Ding auch noch unterkellert. Ich sagte noch: Hundezimmer, aber darauf sind sie nicht eingegangen. Frauchen sagte, ein Kinderzimmer bräuchten sie nicht in dem Alter und es seien ja auch keine zu sehen. Vielleicht hätten sie eher einen begehbaren Kleiderschrank.
Aber Herrchen meinte, für die paar weißen Socken und karierten Shorts würden sie das wohl auch nicht brauchen. Aber inzwischen könne man das Interieur von diesen dicken Schiffen ja auch googeln. Das haben sie dann aber doch gelassen und so bleibt es jetzt auf ewig ein Geheimnis, was sich hinter dieser monströsen Karosserie verbirgt.


Wir sind dann zu Fuß nach Folkestone gelaufen und Folkestone ist wirklich eine Entdeckung. Wunderschön am Hang gelegen, mit bunten Häusern und einem fast schon mediterranen Flair.

Allerdings hat Herrchen gleich als erstes wieder ans Essen gedacht und sie haben sich an einem Pub draußen Fish und Chips bestellt. Frage: was trinkt man dazu? Landestypisch ist Ale.
Herrchen hat gesagt, landestypisch hin oder her, das Zeug trinkt er nicht. Als er im vorigen Jahrhundert das letzte Mal in England war, hatte er Magenbeschwerden, da war ein lauwarmes Bier ohne Kohlensäure genau das richtige. Aber jetzt gehe es ihm wieder besser, da müsse er sowas nicht haben.
Er hat dann den ganzen Urlaub über Lager getrunken. Das kommt meist aus dem Ausland. Er sagt, England sei außer Holland das einzige Land, wo er sogar freiwillig Heineken trinken würde.
Der Fisch und die Chips waren Klasse. Das Bier habe ich nicht probiert.



Mit viel Vergnügen sind wir im Ort herumgelaufen und haben uns die Läden und die reichlich vorhandenen Kunstgalerien angesehen. Wirklich eine schöne Atmosphäre.

Frauchen hat einen Kunstdruck gekauft mit dem Titel „First Date“. Es zeigt das Armaturenbrett eines älteren englischen Kleinwagens, auf dem in einer Papiertüte ein paar Pommes liegen. Durch die Windschutzscheibe sieht man einen verregneten Hafen. Erstaunlich, zu wie viel Romantik die Engländer fähig sind.

Im Ort sind wir dann auf einen Laden gestoßen, der hieß „Simply German“. Da gab es nur deutsche Lebensmittel. Da waren wir doch etwas überrascht, haben aber nichts gekauft. Ein Grund dafür war, dass der Laden geschlossen war. Aber man konnte auch sehen, dass sie nur Tütensuppen, Pfanni und so Zeugs hatten, da waren wir optimistisch, dass wir sogar in England was Besseres bekommen.
Im Laden nebenan haben wir dann gleich Orangenmarmelade gekauft, Herrchen sagt, die machen sie jedenfalls richtig gut.

Danach sind wir zum Meer gegangen und ein bisschen herumspaziert. Herrchen ist ein großer Fan des englischen Fotografen Martin Parr, der richtig böse Bilder macht von skurrilen und schräg gekleideten Leuten und so ein Zeug. Er sagt, da findet man als Fotograf in England beste Voraussetzungen. Die beiden haben dann in dieser Richtung ein paar Versuche gemacht, es danach aber auch wieder gelassen. Immerhin nicht schlecht für Anfänger in diesem Sujet.

Morgen geht es nach Oxford. Das wird vermutlich ein ziemliches Kontrastprogramm. 

Sally in Oxford

Freunde der englischen Lebensart,

von Folkestone sind wir jetzt nach Oxford gefahren.

Oxford, Krone der Wissenschaft, Leuchtturm der Gelehrsamkeit, Hort der Tradition!
Ich halte das ganze Theater ja für maßlos übertrieben. Ich selbst habe die Hundeschule nach der ersten Klasse geschmissen und hat es mir geschadet? In keiner Weise!
Wobei man ganz klar sagen muss: Oxford ist einfach wunderschön.



Wir kennen Oxford schon ziemlich genau von den ganzen „Lewis“-Krimis, die in Oxford spielen und von denen wir alle große Fans sind. Andererseits muss ich sagen, dass mir schon etwas mulmig war bei dem Gedanken, den Ort aufzusuchen, wo all diese grässlichen Verbrechen passiert sind.

Der Campingplatz liegt etwas außerhalb und wir sind mit einem Doppelstockbus in die City gefahren. Herrchen war ganz begeistert und sagte, für ihn sind England Doppelstockbusse, rote Telefonzellen und schwarze Taxis. Das mit den Telefonzellen hat sich ja inzwischen aus den bekannten Gründen erledigt. Und die Taxi-Fabrik gehört inzwischen einem chinesischen Konzern. Soviel zur Tradition…

Herrchen war ja, wie er immer wieder erzählt, so ca. Mitte des vorigen Jahrhunderts das erste Mal in London und er hat dann auch berichtet, dass es damals noch Handkarren gab, an denen Hamburger verkauft wurden. Auf die wurden dann jede Menge zerkochte matschige Zwiebeln geklatscht und das hätte ganz toll geschmeckt!
Und Hot Dogs habe es da auch gegeben. An dieser Stelle bin ich schlagartig erstarrt und habe mich erst mal vorsichtig nach allen Seiten umgesehen. Die Engländer essen Hunde? Nein, hat Herrchen gesagt, das sei der Name für so kleine Würstchen und die würden, soweit er das wüsste, aus Schweinefleisch hergestellt. Aber so ganz sicher könne man sich da ja nie sein.
Ich finde, mit dem Entsetzen sollte man keinen Scherz treiben!



Inzwischen waren wir in der City angekommen und es sah wirklich alles so aus wie in den Krimis, nur dreidimensionaler.
Inspektor Lewis und DS Hathaway haben wir nicht getroffen, aber es ist auch irgendwie beruhigend, dass sie nicht jeden Tag wegen eines Mordes ermitteln und schließlich müssen sie auch irgendwann einmal ihren Papierkram erledigen.



Herrchen hatte dann die für ihn typische Idee (Achtung: Running Gag!) in einem Café eine „Kleinigkeit“ zu essen. Wir gingen hinein bzw. versuchten es und bekamen dann erklärt, dass („awfully sorry“) Hunde zum Cafe keinen Zutritt haben. Herrchen kann ja auch im Urlaub den Anwalt nicht immer abschütteln und fing an, zu diskutieren.
Selbst in der peniblen, korrekten und schon neurotisch sauberen Schweiz dürften Hunde in Restaurants und Cafés und warum das dann in England nicht ginge? Er erntete dann einen Blick, der wohlwollend als indigniert bezeichnet werden kann und der Kellner sagte, dies hier sei England und England sei eben anders. Das könne man doch wohl schon am Brexit-Votum sehen.
Nun ja, man erobert wohl kein Weltreich, wenn man ernsthaft bereit ist, sich mit den vernünftigen Argumenten der Gegenseite auseinanderzusetzen. Und schon gar nicht nimmt man sich ein Beispiel an der Schweiz.



Sie haben dann schließlich ein wunderschönes ca. 600 Jahre altes Café gefunden (das Gebäude, nicht der Kuchen!), wo man draußen sitzen und leckeren Kuchen essen konnte. Und Frauchen genoss den Sieg des Fortschritts über die Tradition, indem sie sich nicht eine rote Telefonzelle suchen musste, sondern gleich am Tisch mit einer Freundin in Deutschland quatschen konnte.



Danach sind wir weiter herumgelaufen und haben uns die ganzen wunderschönen Universitätsgebäude angesehen.
Frauchen arbeitet ja an der Universität Essen, die mit ihrer Retortenarchitektur nicht gerade ein Highlight der Baukunst ist, vorsichtig formuliert.
Sie sagt, wenn sie an so einer schönen Universität wäre, würde sie jeden Morgen zur Arbeit schweben.Von den Unis, die sie kenne, käme da nur noch die Universität Padua mit. Die ist natürlich viel jünger, erst 1222 gegründet. Aber die kann einmal punkten mit dem besseren Wetter und dann mit dem besseren Essen in der Mittagspause.

Morgen geht es dann endlich nach Wales. Schon wieder ein ziemliches Kontrastprogramm!



Sally in den Brecon Beacons

Hallo zusammen,
inzwischen sind wir jetzt schon einige Zeit in Wales.

Wales gehört zu Großbritannien, hat aber eine eigene Fußballnationalmannschaft. Gut, dass muss jetzt vielleicht nicht so viel heißen, auch San Marino hat eine eigene Nationalmannschaft, aber ich glaube, die von Wales gewinnt häufiger.
Zuerst waren wir auf einen kleinen Campingplatz in den Brecon Beacons, einem Gebirgszug im südlichen Wales. Es gibt da einen Berg namens Pen Y Fan (Fan hat hier nichts mit Fußball zu tun, keine Ahnung was es bedeutet). Da wollten sie jedenfalls hinauf. Frauchen war noch ziemlich schlapp.
Sie hatte da vorher so eine Krankheit, irgendwas mit Drüsen und Pfeifen, obwohl, von Pfeifen habe ich nichts gehört, aber sie war noch nicht so ganz wieder auf dem Damm.

Es gibt mehrere Wege auf den Pen Y Fan und sie haben sicherheitshalber den gewählt, der etwas abfällig „The Motorway“, also „Die Autobahn“ heißt. Der ist gut gepflastert. Frauchen hatte Wanderschuhe. Herrchen hat keine Wanderschuhe, meinte aber, seine Straßenschuhe reichten. Ich hatte wie üblich meine Allwetterpfoten dabei.



Wir sind also zu dem Berg gefahren und losgelaufen. Und als wir gerade ein paar hundert Meter gelaufen waren, fing es an zu regnen, kein Wolkenbruch, aber das, was hier in der Gegend als ein mittlerer Standardregen gilt. Aber die beiden anderen hatten Regenkleidung und ich bin hart im Nehmen, also ging es weiter.

So ungefähr auf halber Höhe baute Frauchen merklich ab und Herrchen schlug vor, vielleicht doch besser umzukehren. Aber Frauchen sagte, jetzt seien wir extra in diese Gegend gefahren um auf diesen Berg zu gehen und so leicht ließe sie sich nicht davon abhalten.
Ein paar Meter weiter machte es dann plötzlich „Plumps“ und Herrchen lag wie ein Käfer auf dem Rücken. Seine absolut bergtauglichen Straßenschuhe hatten auf dem nassen Pflaster kläglich versagt und er ist hintenüber gefallen. Nur sein Fotorucksack hat verhindert, dass er sich kräftig die Birne gehauen hat.
An dieser Stelle vielen Dank an die Firmen Nikon, Tamron und Sigma für die stabile Verarbeitung ihrer Produkte. Weder Herrchen noch seiner Ausrüstung ist was passiert.

Wir machten dann die eine oder andere Pause und Herrchen machte den einen oder anderen Vorschlag, doch vielleicht besser runterzugehen. Aber Frauchen sagte, jetzt seien wir schon so weit gekommen, jetzt wollte sie auch von ganz oben die fantastische Aussicht genießen, die sie auf den Fotos zu Hause gesehen hatte.



Und was soll ich euch sagen: Sie hat es tatsächlich bis ganz oben geschafft. Allerdings war das nicht die ganze Geschichte. Als wir nämlich ein paar Meter unterhalb des Gipfels waren und die fantastische Aussicht sozusagen nur noch eine Handbreit entfernt war, zog plötzlich eine dicke fette Nebelwolke auf und die fantastische Aussicht reduzierte sich auf ca. 5 m.


Man muss sagen, immerhin nahmen sie es sportlich. Wir sind dann heruntergelaufen, im geringen Abstand gefolgt von der immer weiter nach unten kriechenden Nebelwand. Danach Tee im Wohnmobil und Nassfutter für die Bergführerin. Ein Genuss!



Am nächsten Tag sind wir nach Brecon gefahren, um Herrchen Wanderschuhe zu kaufen. 6000 Einwohner und fünf Sportgeschäfte! Die langwierigen Details des Einkaufs erspare ich meinen Lesern. Im Gedächtnis bleibt der seelige und erleichterte Blick der Verkäuferin, als das geschah, womit sie schon lange nicht mehr gerechnet hatte: Passende Wanderschuhe für Herrchen!

So long
Eure Sally Und die Bergamateure.

Und wie es weiterging, oder auch nicht…

Und womit machen wir weiter, frage ich Textredakteur Herrchen. Da hatten wir doch diesen Campingplatz des Grauens mit dem unfreundlichen Personal und den unfreundlichen Campern und der dreckigsten Kneipe des Universums.
Textredakteur Herrchen sagt, so genau könne er sich nicht mehr an die Einzelheiten erinnern, schließlich liege das ganze inzwischen ja schon eine ganze Weile zurück. Ganz einfach, sage ich, dann müsse er ja nur in seinen Aufzeichnungen nachsehen.
Aufzeichnungen, ja, das sei ja das Problem, die könne er nicht mehr finden. Ich sage, dann müsse er lediglich in der Ablage nachsehen. Er sagt, er habe schon immer darauf hingewiesen, dass die Ablage neu organisiert werden müsse.
Wer, wenn nicht der Textredakteur, ist für die Ablage der Texte verantwortlich?
Er berief sich dann auf ungeklärte Zuständigkeiten und auch sein Anwalt habe gesagt… Anwalt, Anwalt, sage ich, komm mir nicht damit! Man kann jeden Konflikt lösen, wenn man die Anwälte raushält.
Die Sache sei doch ganz einfach: Demnächst stehen die Winterferien der Redaktion in Italien an. Da könne er, statt tatenlos vor dem Kamin zu sitzen, sich doch mal ein paar produktive Gedanken über die Sache mit Wales machen.
Man muss sich das mal vorstellen: Da gehen wir mit dem Ganzen an die Öffentlichkeit und keiner hat was vernünftig vorbereitet.
Vielleicht sollte ich es mal mit künstlicher Intelligenz versuchen, die bringt ja im Textbereich inzwischen ganz achtbare Ergebnisse. Also Leute: wenn ihr das nächste Mal vorbeischaut, geht es hier vielleicht weiter. Entweder Herrchen fällt noch was ein oder die KI strickt sich was zusammen.
Ich hoffe, er schafft es, ein bisschen würde ich ihn schon vermissen.

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