Sally in der Bretagne und Normandie




Geneigte Leserschaft,

neues von Eurer Sally.
Habe ich Euch eigentlich schon erzählt, dass wir in der Normandie und in der Bretagne waren?
Nicht? Man kommt ja zu gar nichts mehr…
Lange Zeit hatte bei denen die Bretagne ja keine Chance mehr. Sie waren wohl früher mal da und Herrchen sagt, er kann sich noch genau an den den Wetterbericht im Fernsehen in der biederen alten Ferienwohnung erinnern, wo eine Grafik zeigte, dass die Bretagne damals der kälteste Punkt von ganz Europa war. Es habe ständig geregnet und der einzige wirklich sonnige Tag des Urlaubs war der Tag der Rückreise.

Irgendwann setzte dann doch ein Umdenken ein. Für Frauchen besteht der ideale Urlaub ja ohnehin aus Meer, Felsen und Wind und da passt die Bretagne schon gut in ihr Beuteschema. Herrchens idealer Urlaub ist zwar eher die sonnige Piazza einer alten italienischen Stadt mit Krimi oder Zeitung draußen vor einer Bar, aber er ließ sich breitschlagen.
Wir hätten ja jetzt ein Wohnmobil, da seien wir nicht mehr auf Ferienwohnungen angewiesen und überhaupt, immer Italien sei ja auch langweilig.
Auch den Franzosen schien klar zu sein, dass sie sich diesmal etwas mehr Mühe geben müssten und so fuhren wir bei strahlendem Sonnenschein zunächst nach Le Quesnoy, wo wir das erste Mal übernachteten.


Le Quesnoy ist eine kleine Festungsstadt in Nordostfrankreich, die, wie praktisch alle Festungen in Frankreich (naja, fast…) von, na? Genau: Vauban! entworfen wurde.Dort gibt es einen liebenswerten chaotischen kleinen Campingplatz, der sich als Station gut eignet.

Und von da aus ging es zunächst nach Honfleur in der Normandie. Die Älteren von Euch kennen Honfleur vielleicht noch von diesem Historienschinken, wo Gregory Peck, als englischer Kapitän verkleidet, in dem wunderschönen alten Hafen eine Schaluppe kapert, um den Kerkern Napoleon Bonapartes zu entgehen. Da war im Hafen vielleicht die Hölle los.


Mittlerweile ist im Hafen von Honfleur aber immer die Hölle los.
Auf der einen Seite des Hafens vor den hohen alten Häusern sind die ganzen Touristenfallen. Da Herrchen mal wieder Hunger hatte und sie sich am ersten Tag noch nicht so auskannten, haben sie sich zielstrebig genau da hingesetzt. Und dann haben sie Miesmuscheln mit Curry bestellt. Curry! Das ist ja jetzt wirklich sehr landestypisch. Und außerdem weiß ich natürlich, dass Curry ganz oben auf der Sally-no-go–Liste steht. Angeblich zu scharf…
Da habe ich mit einer gewissen Schadenfreude Herrchens langes Gesicht gesehen, als die Muscheln kamen. Sie hatten es wirklich geschafft, ca. 90 Prozent der reichlich dünnen Curry-Sauce von außen auf die Muschelschalen zu klecksen. Und außerdem waren die Muscheln teilweise halb roh, das gab dann Frauchen den Rest.
Sie hat dann tatsächlich ein bisschen von der Currysauce weggelutscht und ich bekam doch noch meine Muscheln.


Ansonsten ist Honfleur wirklich ein Traum, sozusagen ein stadtgewordener Historienschinken.
Von da haben wir dann auch einen Ausflug nach Etretat gemacht, wo es an der Steilküste diesen berühmten Felsen gibt. Den hat Monet gemalt. Ich weiß jetzt nicht, ob Monet den Felsen gemalt hat, weil der so berühmt ist oder ob der Felsen so berühmt ist, weil Monet ihn gemalt hat.


Jedenfalls haben sie jede Menge Felsenfotos gemacht und ich habe meine zarten Pfoten im Schatten des besagten Felsens im Meer gebadet und danach sind wir in die Stadt gegangen, wo die Hälfte der Läden Andenken und Nippes verkauft. Frauchen hat zwei absolut authentische Cidre–Tassen erworben, die wie Teetassen aussehen. Herrchen hat gesagt, aus einer Teetasse trinkt er keinen Alkohol, und da stehen sie jetzt auch: im Schrank, bei den Teetassen.

Danach weiter zur Cote de Granit Rose, die, wie der Name schon sagt, im Wesentlichen aus rosa Granit besteht. Ein Traum für Fotografen und ein Traum für einen Wasserhund.Es gibt da diesen wunderbaren Blick von der Felsenküste auf eine kleine bewaldete Insel, auf der ein großes altes Haus steht. Ein echtes Postkartenmotiv. Aber Herrchen sagt, für ihn persönlich macht es schon diese mystische und geheimnisvolle Atmosphäre etwas kaputt, dass er weiß, dass das Haus Didi Hallervorden gehört.


Ihr wisst ja, dass Autofahren nicht zu meinen bevorzugten Beschäftigungen gehört und allmählich fragte ich mich dann schon, wie viele Stationen sie eigentlich abklappern wollen, aber da schienen sie diesmal wirklich völlig schmerzfrei zu sein. Wenn ihr mich fragt: blinder Aktionismus!
Auf dem Weg weiter in den Süden der Bretagne haben sie sich Audierne als Station ausgesucht. Audierne ist ein wunderschöner Ort wie eigentlich alle Orte, in denen wir waren, weshalb ich es an dieser Stelle noch mal sage und, um mich nicht ständig zu wiederholen, danach nicht mehr, also: alles wunderschön! Von da aus sind wir dann auch zum Pointe du Raz gefahren, eines dieser wunderbaren wilden bretonischen Kaps, die Frauchen so liebt.


Aber die interessantesten Abenteuer hatten wir da doch auf dem Campingplatz. Der war nämlich, anders als der in Le Quesnoy, ein Campingplatz, der sich offensichtlich auf ruhige ältere Leute spezialisiert hat.
An der Rezeption wurden wir gleich gefragt: Bellt ihr Hund? Was für eine dämliche Frage! Ich bin ein Hund und Hunde bellen. Was soll ich sonst tun? Zwitschern?
Dann hat der Typ uns erklärt, dass Hunde auf dem Campingplatz 5 € kosten, wenn sie nicht bellen und 25 €, wenn sie bellen. Komplett bescheuert!
Herrchen hat mir dann gleich leise zugezischelt, ich solle diesmal gefälligst meine große Klappe halten, sonst käme uns das teuer zu stehen.
Es ging auf dem Campingplatz dann auch besonders ruhig und distinguiert ab, bis zu dem Tag, an dem Herrchen den Campingplatz lahmlegte. Und das kam so: Sie hatten fürs Abendessen so kleine flache Quiches gekauft, die sie dann manchmal auf dem Toaster warm machen.
Diesmal kam Herrchen dann auf eine geniale Idee: die Quiches seien so flach, dass sie in den Schlitz vom Toaster passen. Und damit auch kein Fett in den Toaster läuft, hat diese elektrotechnische Niete die Quiches in Alufolie eingewickelt. Als er dann den Toaster angeschaltet hat, ging das Licht aus. Und wie sich herausstellte, war nicht nur die Sicherung von unserem Stellplatz herausgeflogen, sondern vom ganzen Campingplatz.
Es kam dann der Großinquisitor, der schon mein Bellverhalten ermittelt hatte und fragte Herrchen, was, bitteschön, er denn da gemacht habe. Herrchen sagte, er habe den Toaster angemacht und da sei es passiert. Das war zwar die Wahrheit, aber nicht die ganze Wahrheit. Der Großinquisitor hat zweifelnd geguckt, aber Herrchen hat es dann ganz routiniert ausgesessen. Solche Situationen kennt er ja vom Gericht…



Concarneau (wunderschön!) kennen die Ältesten unter Euch vielleicht von einem Maigret–Krimi, einige von den Bretagne–Krimis und die Gourmets unter uns wegen der hervorragenden Austern.
Aber die beiden sind Austern–Banausen und haben nach einem Rundgang durch die Altstadt  doch lieber Galettes bestellt, auch eine bretonische Spezialität, gefüllte Buchweizenpfannkuchen.
Herrchen hat gesagt, er versucht sie mit Andouille und Frauchen hat aus dem Stand ganz furchtbar angeekelt geguckt.
Andouille, muss man wissen, wird quasi ausschließlich aus Schweinedarm und Schweinemagen hergestellt und ist trotzdem in Frankreich sehr beliebt. Herrchen sagte, Millionen von Franzosen können doch nicht einfach irren und er ist bereit, es einmal zu riskieren.
Frauchen hat ihn noch auf die von vielen Franzosen so geschätzten rohen Meeresschnecken hingewiesen, die für den normalen Geschmack auch nicht der Hit sind, aber er wollte es probieren. Mehr als probieren hat er aber nicht gemacht und er sagte, das ist vielleicht eine Erfahrung, die man einmal im Leben machen, aber nicht wiederholen muss.
Ich für meinen Teil fand den Geschmack nicht schlecht, obwohl ich immer noch finde, dass die beste Verwendung für Schweinedarm Leberwurst ist.


Vannes (wunderschön!) werden sie nie vergessen.
Die Stadt, in der sie das erste Mal versucht haben, in einem größeren Stadtzentrum einen Parkplatz für das Wohnmobil zu finden. 25 Minuten rumkurven durch breite Strassen und enge Gassen, in der Altstadt und an der Peripherie. Dann der ersehnte Parkplatz. Im Zentrum! Noch Plätze frei!
Ticket gezogen, reingefahren, alle noch freien Parkplätze in der Tiefgarage. Tiefgarage 2,20 m Höhe, wir 2,90 m. Um aus dem Parkplatz auch nur wieder rauszukommen, mußte man 2,- € zahlen. Nach weiteren 20 Minuten haben wir uns dann zu anderen Wohnmobilen ins Parkverbot gestellt.
So schnell waren die dann noch nie durch eine Altstadt durch. Das Highlight des Tages: Kein Knöllchen…
Aber sonst: Wunderschön!

Auf unserem konfusen hin und her quer durch die Bretagne war dann die letzte Station Quimper (besonders wunderschön!). 
Man muss an dieser Stelle vielleicht sagen, dass die beiden schon in den Tagen davor festgestellt hatten, dass es an den Tankstellen lange Schlangen gab, so dass sie sich das Tanken erst mal gespart haben. Weder Frauchen noch Herrchen stehen gerne Schlange, auch wenn das im Wohnmobil eigentlich eher Schlange sitzen ist.


Wir haben uns jedenfalls Quimper ausgiebig angesehen und am nächsten Tag sollte es in die Normandie gehen.
Morgens auf dem Campingplatz wurden die beiden dann von den Nachbarn gefragt, ob sie denn auch genug getankt hätten, wo ja hier in Frankreich die Raffinerien bestreikt werden. Da ist Ihnen sofort der kalte Schweiß ausgebrochen, weil: Im Tank war noch Sprit für ungefähr 150 km und das reichte nicht bis in die Normandie, geschweige denn nach Hause.
Sie haben dann entschieden, dass man es wenigstens versuchen muss. Hektisch wurden die Tankstellen von Quimper abgeklappert. Und im Wagen dieser Geruch von Angstschweiß.
Aber sämtliche Tankstellen in Quimper und um Quimper herum hatten keinen Diesel mehr.

Was tun? Sie haben sich schließlich entschlossen, einfach weiter zu fahren und es irgendwo doch noch zu versuchen.
Und tatsächlich: 50 km weiter an einem Einkaufszentrum weit außerhalb, irgendwo im Nirgendwo, gab es tatsächlich noch Diesel! Das war aber eine Automatentankstelle, an der man nur mit Karte zahlen konnte. Deutsche Bankkarte: funktioniert nicht. Kreditkarte: Herrchen weiß die Geheimzahl nicht…
Die Rettung waren dann zwei nette Franzosen, die Herrchen mit seinen 20 Brocken Französisch überreden konnte, uns gegen Bargeld auszuhelfen. Danach hat Frauchen den ganzen Tag nur gegrinst. Nichts macht so euphorisch wie abgewendete Katastrophen.

Wir fuhren dann Richtung Bayeux und, was soll ich euch sagen, in der Normandie hatten die Tankstellen tatsächlich noch alle Diesel. (Wunderschön!)
Herrchen sagt, Bayeux (Wunderschön!) ist seines Wissens nach die einzige Stadt, die durch einen einzelnen Teppich weltbekannt geworden ist, der auch noch ziemlich alt ist, also quasi gebraucht. Darauf ist eine Art Comic, der zeigt, wie Wilhelm der Eroberer England erobert.
Wir haben ihn uns aber nicht angesehen, weil auch in Bayeux Hunden die höhere Bildung verweigert wird. Kein Zutritt zum Museum! Und da waren die beiden solidarisch. 


Und in Bayeux war auch wieder einmal der Campingplatz bemerkenswert. Herrchen sagte, es handele sich offenbar um ein authentisches Relikt des Stalinismus. Befehlsgewohntes Personal mit einer Unfreundlichkeit, die man sonst nur von Kölner Bierkellnern kennt, keine Platzauswahl trotz vieler freier Stellplätze und ansonsten spärlich besucht von Holländern, die offenbar fürchteten, bei freundlichem Verhalten nach Sibirien verbannt zu werden.


Letzte Station vor der Rückreise war dann Fecamp. Dort waren wir auf einem Campingplatz, von dem Frauchen noch immer träumt. Oberhalb des Ortes an der Steilküste mit Blick auf Fecamp und das Meer.
Außer für die schöne Lage ist Fecamp bekannt für Fisch und Schnaps. Es stellte sich nämlich heraus, dass aus Fecamp der berühmte Kräuterlikör Benedictine kommt. Das imposanteste Gebäude von Fecamp ist das Palais Benedictine, ein riesiger Schnapspalast, erbaut von dem Likörerfinder Alexandre le Grand (Alexander der Große, puuuh…). Eine Orgie aus Neugotik und Neorenaissance, sozusagen eine gigantische Schnapspraline.


Nach zwei Likören sind die beiden dann mit mir ganz beschwingt zum Hafen gelaufen, wo ich aber nicht baden durfte, weil das Wasser angeblich zu schmutzig war und dann den Berg hoch zum Campingplatz.
Und da war dann einer von diesen wahnsinnig romantischen Sonnenuntergängen, die Frauchen so liebt. Sie konnte im Wohnmobil auf dem Bett liegen und sich das ganze Schauspiel in Breitwand und Cinemascope ansehen. Und Herrchen, der ein relativ gut getarnter Romantiker ist, hat für sie „La Mer“ von Charles Trenet gespielt, weshalb ihr bei dem Lied jetzt noch immer die Tränen kommen und sie jedesmal sagt, dass sie mal wieder nach Fecamp will.


Also, ich glaube, Likör trinken kann man da jederzeit, aber diesen Sonnenuntergang haben sie nicht täglich im Programm!
Auf dem Rückweg waren wir dann noch mal auf dem kleinen chaotischen Campingplatz in Le Quesnoy. Ich war froh, dass man da kostenlos bellen darf und auch Herrchen war so zutiefst einverstanden mit der lockeren Atmosphäre, dass er trotz lauter Discomusik gut eingeschlafen ist.

Amitiés

Votre Sally Avec du personnel

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